Das bundesweite Selbsthilfenetzwerk der Junkies, Ehemaligen und Substituierten
JES wurde 1989 im Rahmen eines Fortbildungsseminars der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. in Hamburg als Selbsthilfenetzwerk und Interessenvertretung von und für Menschen gegründet, die illegalisierte Drogen nehmen oder welche genommen haben. Mittlerweile arbeiten mehr als 30 Gruppen, Initiativen und Vereine sowie zahlreiche Einzelaktivist(inn)en im JES-Netzwerk zusammen.
Unser Ziel ist es, ein menschenwürdiges, selbstbestimmtes Leben mit Drogen zu ermöglichen, also ohne Bedrohung durch Strafverfolgung, Kriminalisierung, Krankheit und Ausgrenzung. Um dieses Ziel zu erreichen, leisten wir Hilfe zur Selbsthilfe und setzen uns für eine grundsätzliche Neuorientierung der Drogenpolitik ein – das heißt vor allem: Abkehr von der alleinigen Orientierung an der Abstinenz sowie Abschied von Unterdrückung und Verfolgung von Drogengebrauch und Drogengebraucher(inne)n.
Da eine solche Neuorientierung nicht von heute auf morgen zu erreichen ist, verfolgen wir eine „Politik der kleinen Schritte“ und leisten auch gesellschaftliche Arbeit. Dazu gehört zum Beispiel, die Öffentlichkeit über die Zusammenhänge zwischen Drogenkonsum und Drogenproblemen aufzuklären und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, mit welchen menschenunwürdigen Zuständen und zerstörerischen Prozessen Drogen konsumierende Frauen und Männer gegenwärtig konfrontiert sind, wie diese zustande kommen und wie diese Wirkzusammenhänge aufgelöst werden können.
Dabei verherrlichen wir den Drogenkonsum weder, noch rufen wir zu ihm auf. Auch wir wissen, dass manche Drogengebraucher(innen) nicht ohne Drogen leben können. Wir wissen aber auch, dass viele nicht ohne Drogen leben wollen und (mehr oder weniger) souverän mit ihnen umgehen können. Wir akzeptieren deshalb jede Entscheidung – mit oder ohne Drogen leben zu wollen.
Dieser Respekt und diese Akzeptanz stellen die besondere Stärke des JES-Netzwerks dar, denn sie verschaffen uns wiederum Akzeptanz in der Szene – ebenso wie die Tatsache, dass wir bei der Betroffenkompetenz ansetzen und unsere Botschaften deswegen authentisch sind. Dem Netzwerk erschließen sich damit weit mehr Potenziale als dem professionellen Hilfesystem, zum Beispiel auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung für Drogengebraucher(innen) sowie in der HIV/AIDS- und Hepatitis-Prävention. Mit vielfältigen Angeboten und Aktivitäten – z.B. Streetwork, Arbeit mit Inhaftierten, Spritzentausch, Beratung und Betreuung, Substitutionsvermittlung, Safer-Use-Beratung, Kontaktarbeit in eigenen Einrichtungen, Fort- und Weiterbildung, Entwicklung von Informationsmaterialien – hat JES sowohl auf Bundes- und regionaler Ebene als auch vor Ort seinen Platz in der „Hilfelandschaft“ gefunden.
JES steht für…
J für „Junkie” und damit als Symbol für eine durch die Prohibition erzeugte Lebenssituation, die geprägt ist durch Szeneleben, Illegalität, somit häufig durch Kriminalität, Armut, Obdachlosigkeit, Verlustängste, Prostitution, Gesundheitsgefährdung, aber oft auch durch Genuss, Zusammengehörigkeit und Abenteuer.
E für „Ehemalige/r”, wobei hiermit nicht automatisch ein abstinentes Leben verbunden sein muss, dies aber durchaus auch so sein kann. „Ehemalig” kann auch die erfolgreiche Integration von Drogen in das Leben bedeuten.
S für „Substituierte/r”, deren Leben durch die ärztliche Vergabe eines Medikamentes geprägt ist. Dieses Leben beinhaltet sowohl Möglichkeiten zur Reintegration und Rehabilitation, gesundheitliche Stabilisierung, Befreiung von Drogenproblemen, aber auch fremdbestimmte Kontrolle, Bevormundung und Perspektivlosigkeit hinsichtlich selbstbestimmter Integration in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens.
www.jes-bundesverband.de