21. Juli – Nationaler Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher
Protest-, Aktions- und Trauertag
Das Thema Tod begleitet uns ständig durch unsere tägliche Arbeit. Immer wieder versterben Besucher an den Folgen schlechter Konsum- und Lebensbedingungen. Jahrelange Stigmatisierung und Ausgrenzung verbunden mit permanentem Verfolgungsdruck führen in vielen Fällen zu einem so schlechten Allgemeinzustand, dass die Gefahr einer unbeabsichtigten Überdosierung massiv steigt.
Zu den festen jährlichen Terminen zählt deshalb schon seit der Jahrtausendwende der „Nationale Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige“ am 21. Juli. Zum ersten Gedenktag, der im Jahr 1998 in Gladbeck begangen wurde, hatte der Landesverband der Eltern und Angehörigen für humane und akzeptierende Drogenarbeit NRW aufgerufen – der Bundesverband sowie der Länderverband Schleswig-Holstein/Hamburg schlossen sich dem Aufruf später an. Auch viele Gruppen aus dem JES Netzwerk kamen bald dazu – so auch der Kölner Junkie Bund. Hier wie dort trauern Frauen und Männer um den Tod nahestehender Menschen.
Warum 21. Juli?
Der Gedenktag findet am 21. Juli statt, weil an diesem Tag im Jahr 1994 Ingo Marten verstarb. Wie viele tausend andere Drogengebraucher vor und nach ihm war er Opfer einer repressiven Drogenpolitik. Ingos Mutter, Karin Stumpf, gelang es mit beispiellosem persönlichen Einsatz und mit Unterstützung der nordrheinwestfälischen Stadt Gladbeck, die damals erste Gedenkstätte für verstorbene Drogenabhängige in Deutschland einzurichten – der Gedenkstein befindet sich bis Heute in einer schönen Parkanlage nahe Gladbeck.
In den ersten Jahren standen der persönlich empfundene Schmerz über das Leid und den Verlust eines geliebten Menschen im Vordergrund der Aktionen. Später bahnte sich auch die Wut über den unnötigen Tod den Weg. Jürgen Heimchen vom Bundesverband der Eltern und Angehörigen für humane und akzeptierende Drogenarbeit bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: „Wir können es uns nicht leisten, länger untätig zu sein.“ Das Engagement gegen eine Drogenpolitik, die letztlich für die Not und das Elend drogenabhängiger Menschen verantwortlich ist, hat seitdem einen festen Platz am 21. Juli. Der 21. Juli war politisch geworden.
Beteiligung
Heute beteiligen sich deutschlandweit mehr als 50 Städte an der Ausrichtung des Gedenktages und auch im Ausland (Schweiz, Dänemark und Australien) wird der Tag zum Gedenken genutzt.
Schon früh im Jahr beginnen wir mit den Vorbereitungen. Die Standgenehmigungen werden eingeholt, Bündnispartner gesucht, Kommunalpolitiker und die Medien eingebunden und vieles mehr. Später wird ein Flugblatt erarbeitet, in dem dass gemeinsame Motto aller Gruppen ebenso zum tragen kommt, wie regionale Forderungen an die Politik.
Durchführung
In der Umsetzung sind wir in den letzten zehn Jahren unterschiedlichste Wege gegangen. Angefangen mit einer Aktion auf dem Postplatz in Kalk über große Veranstaltungen auf dem innerstädtischen Rudolfplatz mit Bühne, Redebeiträgen und Live-Musik waren viele unterschiedliche Veranstaltungen dabei. Einige Male haben wir auch im „kleinen“ Kreis im Kontaktladen unseren verstorbenen Freunden und Besuchern gedacht und in den letzten Jahren wurde jeweils eine große Mahnwache am Neumarkt organisiert.
Jede einzelne Veranstaltung hatte seine Vor- und Nachteile. Während wir im einen Jahr viel Presse und Öffentlichkeit erreichten, nahmen im nächsten in erster Linie Drogengebraucher teil. Beides hat seine Berechtigung und auch für die Zukunft gilt es, einen Kompromiss zu finden, um den unterschiedlichen Interessen gerecht zu werden.
Fernziel
Unsere Hoffnung und eines der Fernziele des JES Bundesverbands ist die Ermöglichung eines selbstbestimmten Drogengebrauchs ohne Angst vor Strafverfolgung, Stigmatisierung und Ausgrenzung verbunden mit umfassender Aufklärung. Erst dann werden wir evtl. eines Tages nicht in jedem Jahr weit über 1.000 Tote zu betrauern haben. Der Gedenktag am 21. Juli wird deshalb einer der wichtigsten Termine im Kalender von VISION e.V. bleiben.