Montag & Freitag: 9:00 - 14:30 Uhr
Dienstag - Donnerstag: 9:00 - 15:30 Uhr
Telefon: 0221.82 00 73-0
Am Samstag, den 21. Juli 2018 begehen wir in Köln den Internationalen Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen mit einer Bühne und verschiedenen Aktionen auf dem Rudolfplatz.
In diesem Jahr findet der Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen bereits zum 20sten Mal in Deutschland und seit einigen Jahren auch im Ausland statt. Ein breites Bündnis von Akteuren der Selbst-, Drogen- und Aidshilfe setzt sich für die Ausweitung niedrigschwelliger Hilfsangebote ein und stellt am 21. Juli der Kölner Öffentlichkeit ihre Arbeit mit einem bunten Programm auf dem Rudolfplatz vor.
Am 21. Juli werden Vertreter*innen des Kölner Drogenhilfesystems, der Selbsthilfe, der Stadt und der Aidshilfen zwischen 12 und 16 Uhr mit einem breitgefächerten Bühnenprogramm auf sich und ihre Arbeit aufmerksam machen. Eine stetig wachsende Zahl von teilnehmenden Selbst-, Aids- und Drogenhilfen, Kirchen, und solidarischen Menschen hat in den letzten Jahren wesentlich dazu beigetragen, das Thema Drogengebrauch und den Tod vieler Drogengebraucher*innen in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.
In den letzten 20 Jahren sind alleine in Deutschland mehr als 45.000 Menschen an Überdosierungen, den Folgen von Krankheit und den negativen Auswirkungen von Schwarzmarkt und Kriminalisierung, gestorben. 967 davon waren Kölner Mitbürgerinnen und Mitbürger. Dies hat Leid, Wut und Trauer in zehntausende Familien gebracht, die durch eine andere drogenpolitische Ausrichtung und passgenauere Hilfsangebote in vielen Fällen vermeidbar gewesen wären. „Würde jedes Jahr in Köln ein vollbesetzter Linienbus tödlich verunglücken, wäre der Aufschrei der Kölner Bevölkerung nicht zu überhören und wir hätten längst etwas verändert.“ so Marco Jesse, Geschäftsführer von VISION e.V.
Aber in den letzten 20 Jahren konnten auch viele wichtige Schritte hin zu einer menschenwürdigeren und bedarfsgerechteren Drogenpolitik gegangen werden. Hier sind besonders die Legalisierung von Spritzentauschangeboten, die Einrichtung von Drogenkonsumräumen, Auf- und Ausbau der Substitutionsbehandlung, die Einführung der heroingestützten Behandlung und nicht zuletzt die Festlegung von Harm Reduction als vollwertige Säule deutscher Drogenpolitik zu nennen. Diese wichtigen Entwicklungen wären ohne eine starke Selbsthilfe und Unterstützer*innen aus dem Hilfesystem sowie durch Ärzte und Kommunen nicht zu realisieren gewesen!
Dennoch bleibt viel zu tun! Dazu Theresa Greiwe, Vorstandsmitglied bei VISION e.V. und Mitarbeiterin von JES NRW e.V.: „Zu allererst gilt es, die Entkriminalisierung des Konsums und der Konsument*innen zu vollziehen. Drogenpolitik kann nur nah an den Bedürfnissen der Menschen sein, wenn sie nicht auf Moral beruht und ideologiegestützt ist, sondern die wissenschaftliche Evidenz, unabhängig von persönlichen Haltungen anerkennt und entsprechende Maßnahmen initiiert.“
Für Köln fordern die Ausrichter des Gedenktags die zeitnahe Einrichtung der vom Rat beschlossenen Drogenkonsumräume und niedrigschwelligen Anlaufstellen. „Eine weitere Verzögerung bei der Umsetzung dieser dringend erforderlichen Überlebenshilfen gefährdet das Überleben der Drogenabhängigen unnötig. Am Neumarkt aber auch in den Bezirken Kalk und Mülheim brauchen wir Drogenkonsumräume eher Heute als Morgen.“ so Maica Perez Gonzalez, Mitarbeiterin der Kölner Aidshilfe. Sinnvoll und überfällig ist die Ergänzung durch Drug Checking und Peer-gestützte Naloxonvergabe als Drogentodesfallprophylaxe. Diese Maßnahmen zur Schadensminderung auch in Deutschland zu implementieren ist überfällig, haben sie doch bereits im Ausland ihre positiven Effekte auf beeindruckende Weise gezeigt.
Alle Kölnerinnen und Kölner, die sich über die Arbeit des Drogenhilfesystems informieren wollen, sind herzlich eingeladen, am Samstag 21. Juli ab 12:00 Uhr am Rudolfplatz vorbeizukommen und das kulinarische und kulturelle Programm des Gedenktags zu genießen.
1200 – 1210 Uhr: Eröffnung und Begrüßung
1210 – 1240 Uhr: Klaus der Geiger (Straßenmusiker)
1240 – 1250 Uhr: Frank (Jongleur)
1250 – 1325 Uhr: Death, Love and Acid (Wave-Band)
1325 – 1335 Uhr: Frank (Jongleur)
1335 – 1405 Uhr: Rolly Brings (Liedermacher)
1405 – 1425 Uhr: „Drugland“ Theater-Szene 1 (Sommerblutfestival)
1425 – 1445 Uhr: „Drugland“ Theater-Szene 2 (Sommerblutfestival)
1445 – 1500 Uhr: Andreas Hübner (Bestatter und Pastor im Ehrenamt)
1500 – 1515 Uhr: Gedenkaktionen (Fackeln, Ballonflug, etc.)
1515 – 1600 Uhr: The Schabernacks (Ska-Punk-Band)
… so lautet der Titel des diesjährigen Gedenktags am 21 Juli. Mit diesem Titel soll zum Ausdruck gebracht werden, dass der Internationale Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen wie kein anderer Aktionstag zum Thema illegale Substanzen Unterstützer*innen unterschiedlicher Couleur vereint.
Neben den quasi geborenen Organisationen wie den Eltern und Angehörigen, dem JES Bundesverband und der Deutschen AIDS-Hilfe, vereint unser Anliegen nach einer menschenwürdigen Drogenpolitik auch die Gesellschaft der Suchtmediziner (DGS) den Akzept Bundesverband, viele AIDS- und Drogenhilfen aber eben auch politische Parteien, die Kirchen, einige Städte sowie eine Vielzahl von solidarischen Menschen.
Der Gedenktag jährt sich zum zwanzigsten Mal. Trotz der Tatsache, dass in diesem Zeitraum mindestens 45.000 Menschen an den Folgen von Kriminalisierung, Schwarzmarktsubstanzen sowie HIV und Hepatitis-Infektionen verstorben sind, konnten wir viele positive Veränderungen bewirken. Entscheidende Schritte haben wir allerdings noch vor uns, wie z.B die Regulierung von Drogenmarkt und -konsum jenseits gegenwärtiger Strafandrohungen.
Diese beiden Perspektiven soll der diesjährige Gedenktag am 21. Juli thematisieren.
unter Schirmherrschaft von
Kevin Kühnert, Bundesvorsitzender der Jusos
Vor 20 Jahren haben Eltern zum ersten Mal einen Gedenktag für ihre verstorbenen Kinder veranstaltet. In diesen 20 Jahren konnten wir mit unseren Verbündeten, u.a. aus Drogen- und Aidshilfen, Fachgesellschaften und der Eltern- und JES-Selbsthilfe, wichtige Erfolge erzielen. Denn die insgesamt positiven Entwicklungen sind nicht zuletzt unserem unermüdlichen Einsatz für eine praxis- und lebensnahe Akzeptierende Drogenpolitik geschuldet: Die Akzeptanz und Etablierung der Substitutionsbehandlung hat in dieser Zeit stark zugenommen.
In den 90ern mussten Patienten noch HIV infiziert sein, um Zugang zu dieser Behandlungsform zu erhalten. Heute werden in Deutschland etwa 80.000 Menschen mit einer breiten Palette von Medikamenten substituiert. Allerdings sollten sich Ärzte bei der Wahl des jeweiligen Substitutionsmittels stärker an den Wünschen des Patienten orientieren. Mehr Mitsprache wäre hier gewünscht.
Auch die Behandlung mit medizinischem Heroin (Diamorphin) ist heute eine Option, wenngleich noch immer an deutlich zu wenigen Orten möglich. Die Sonderstellung dieses Medikaments gegenüber anderen Substituten scheint uns nicht sinnvoll zu sein. Durch die Heroinstudie und nachfolgende praktische Erfahrung ist die positive Auswirkung dieser Form der Behandlung für viele Patienten deutlich geworden.
Im Jahr 2000 wurde die gesetzliche Grundlage für den Betrieb von Drogenkonsumräumen gelegt. Eine pragmatische Überlebenshilfe. Noch niemand ist bislang in einem solchen Raum nach dem Konsum gestorben, und durch Verwendung steriler Spritzen ist die Gefahr einer Infektion dort minimiert. Leider sind diese Gesundheitsräume noch zu wenig verbreitet, es gibt sie nur in 6 von 16 Bundesländern. Auch die Versorgung der Drogenszene mit Naloxon, einem Heroin-Gegenmittel, steht erst am Anfang. Und Drugchecking, also Test der Drogen auf Verunreinigungen, bedarf noch gesetzlicher Grundlagen. Insgesamt jedoch ist Harm Reduktion, also das Prinzip der Risikominderung, heute zu einer etablierten Säule der Drogenpolitik und -arbeit geworden.
Sucht ist eine behandlungsfähige Krankheit. Eine menschenunwürdige, auf Verbote angelegte Drogenpolitik kriminalisiert viele dieser kranken Menschen unnötig. Die staatliche Übernahme von Verantwortung durch die Schaffung gesetzlicher Möglichkeiten zum Verkauf psychoaktiver Substanzen in dafür qualifizierten Fachgeschäften erscheint uns als gute Lösung. Dadurch würde weitest gehend Kontrolle über den Drogenmarkt erlangt. Schädliche Beimischungen der Substanzen könnten ausgeschlossen werden, und auch der Jugendschutz wäre auf diese Weise zu garantieren.
Die Ignoranz der wissenschaftlichen Evidenz, im Hinblick auf Risiken und Schäden eines durch die Prohibition durchgesetzten totalen Drogenverbots hilft uns nicht weiter, das haben die vergangenen Jahre in aller Deutlichkeit gezeigt.
„Wo Leben ist, da ist Hoffnung – und unser erstes Ziel in der Drogenpolitik sollte darin bestehen, diese Hoffnung am Leben zu erhalten, indem wir die Abhängigen am Leben halten!”
Heather Brook, Australien
Bundesarbeitsgemeinschaft der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit | JES Bundesverband | Deutsche AIDS-Hilfe | Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin | akzept
Verantwortlich: Jürgen Heimchen,
Ravensberger Str. 44, 42117 Wuppertal , Tel. 0202-423519
Der obige Flyer mit dem Bühnenprogramm kann hier durch rechtsklick und „Ziel speichern unter“ heruntergeladen werden