Artikel über Sicherheitskonferenz

 

Weg von den öffentlichen Plätzen

DROGENKONSUMRAUM Das Geld steht bereit, ein Betreiber auch, aber nach einem Standort wird noch gesucht

VON NORBERT RAMME

Kalk. Der Stadtteil Kalk braucht einen Drögenkonsumraum. In der Einschätzung waren sich alle Teilnehmer der zweiten Ausgabe einer öffentlichen Sicherheitskonferenz einig. Die Idee, „Themen, die uns alle beschäftigen“ mit betroffenen und interessierten Bürgern sowie Vertretern von Verwaltung, Vereinen und Organisationen aus dem Veedel zu diskutieren, hatten Kalks Bezirksbürgermeister Marco Pagano und Polizeidirektor Uwe Reischke, der als Leiter der Polizeiinspektion 6 für die Bezirke Kalk und Pofz zuständig ist.

Weil Stadtverwaltung und Gesundheitsamt vor einigen Wochen eine umfangreiche Planung für ein stadtweites Drogenhilfe-Konzept vorgelegt haben, bildete die Einrichtung eines „Drogenkonsum-raums“ in Kalk nun auch den Schwerpunkt der Diskussion, zu der mehr als 50 Interessenten in die Räume der Drogenhilfe-Einrichtung des Vereins Vision e. V an der Neuerburgstraße gekommen waren.

„Nur Beratung ist zu wenig. Im Umgang mit Drogenabhängigen und -konsumenten brauchen wir Repression wie den Einsatz von Polizei und Ordnungsamt, aber auch Therapie“, sagte Sozialdezernent Harald Rau. „Und ein Teil des Hilfeprogramms kann der Drogen-konsumraum sein.“ Beispiele aus Zürich, Düsseldorf und Dortmund sowie aus dem Umfeld des bestehenden Konsumraumes am Hauptbahnhof belegten, dass solche Einrichtungen das Problem „weg von den öffentlichen Plätzen“ hole.

Das sei ja auch die große Erwartung der Stadtgesellschaft. Rau: „Gegenwärtig suchen wir schon geeignete Immobilien und Betreiber. Wir hoffen, bis Anfang des kommenden Jahres fundig zu werden.“ Schließlich will man in Kalk rund 350 000 Euro in solch eine Einrichtung investieren.

Der von der Verwaltung anvisierte Eröffnungstermin im Jahr 2019 erscheint vielen jedoch zu weit entfernt. „Wir brauchen für Kalk eine Lösung. Und das möglichst schnell“, sagte Bezirksbürgermeister Pagano. Die Notwendigkeit eines Drogenkonsumrau-mes betonte auch Vision-Vorstand Marco Jesse. „Unsere Einrichtung besteht seit zehn Jahren an diesem Standort, täglich haben wir zwischen 35 und 40 Besucher. Denen bieten wir Überlebenshilfen, Beratung, Essen, Kleidung und die Möglichkeit zum Spritzenaüs-tausch. Doch wenn es um den Konsum von Drogen geht, müssen wir sie auf die Straße schicken.“

Und so klagen Mitarbeiter und Eltern aus den Kalker Kindertagesstätten und Grundschulen darüber, dass in Hauseingängen und Grünanlagen in der Nachbarschaft ihrer Einrichtungen immer wieder Drogen konsumiert und auch gehandelt werden – besonders an der Kalk-Mülheimer-Straße und im Breuer-Park, am Kalker Markt sowie in den Straßen rund um das Bezirksrathaus.

Ähnliches hat Apotheker Oliver Wessel von der – Standortgemeinschaft Kalker Hauptstraße beobachtet. „Die Probleme verlagern sich immer mehr in die Wohnbereiche.“ Norbert Teutenberg vom Sozialdienst katholischer Männer (SkM), der an der Dieselstraße eine Hilfeeinrichtung betreibt, bestätigte, dass im Stadtteil in der letzten Zeit vermehrt Spritzen gefunden worden seien. „Aber wie viele Menschen und Nutzer sich, dahinter verbergen, wissen wir nicht.“ Ein Konsumraum sei eine gute Ergänzung des bestehenden Hilfesystems, aber keineswegs „ein Allheilmittel“.

Die Sorgen der Eltern, ein möglicher Konsumraum könne in der Nähe von Schulen oder Kindergarten eingerichtet werden, konnten die Verwaltungsvertreter nicht ganz zerstreuen. „Es gibt Vorschriften und Abstandsflächen“, sagte Gesundheitsamtsleiterin Anna Bunte. „Das wird jeweils im Einzelfall entscheiden – und zwar nicht von der Stadt, sondern von der Bezirksregierung.“ Auch Polizist Reischke weiß von den vielen Auflagen im Vorfeld solch eines Konsumraumes. „Das ist- kein rechtsfreier Raum, und der Besitz von Drogen ist weiterhin eine Straftat.“

Wichtig sei, so Reischke, die Leute, die von dem Thema betroffen sind, zusammenzuholen. Und das möglichst frühzeitig. Das sieht Dezernent Rau genau so und regt -ähnlich wie im Bereich um den Neumarkt – in Kalk die Gründung eines Beirates an. „Vielleicht lässt sich ja auch schon vor 2019 etwas machen.“ Schließlich hat der Verein Vision signalisiert, sich beim Thema Drögenkonsumraum verstärkt einzubringen. Jesse: „Wir würden das gern machen und auch die Trägerschaft übernehmen. Aber derzeit haben wir dafür nicht das Budget.“

Gegenwärtige Hilfsangebote im Stadtteil Kalk

Um Drogennutzer, -süchtige und -kranke kümmert sich derzeit in Kalk die Kontakt- und Beratungsstelle für Drogenabhängige des SkM an der Dieselstraße. Zum Angebot gehören ein Kontaktcafe, die Grundversorgung mit Essen, Duschen und Kleiderkammer sowie Spritzentausch und einer Postadresse.

Auch die Selbsthilfegruppe des Vereins Vision e.V. an der Neuerburgstraße betreibt ein Kontaktcafe mit umfangreicher psychosozialer Beratung sowie unterschiedlichen Freizeit- und Gemeinschaftsaktivitäten. Zu dem Angebot von Vision gehört ebenfalls die Grundversorgung, darunter das Waschen von Kleidung sowie ebenfalls die Möglichkeit, Spritzen zu tauschen und eine Postadresse einzurichten.

Die Arbeit des SkM und von Vision sind nach Auffassung der Verwaltung in der Szene überwiegend bekannt und werden von den Konsumenten auch aufgesucht. (NR)

Kölner Stadt-Anzeiger

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