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KALK. Etwas versteckt hinter einem Zaun befindet sich auf einer alten Industriebrache an der Neuerburgstraße ein Stück Kalk, das sich die Natur ein Stück weit zurück erobert hat. Jetzt im Spätsommer blühen dort wild wachsende Schmetterlingssträucher, gelbe Ruinenblumen und viele andere Wildkräuter und Gräser. Hier und da ein paar Birken- und Robiniensprösslinge, die wenn sie nicht zurückgeschnitten werden, schnell zu kleinen grünen Waldinseln inmitten der blühenden Idylle werden können.
Am Rande dieses „Großstadtdschungels“ im Kalker Süden, hat 2011 der Verein Grenzenlos Gärtnern seine Heimat gefunden und dort die „Pflanzstelle“ als einen öffentlichen Gemeinschaftsgarten entstehen lassen. Mit Genehmigung des Liegenschaftsamtes der Stadt Köln versteht sich, denn die Kommune ist Eigentümerin des Geländes und hat mit dem Verein einen unbefristeten Vertrag abgeschlossen. Die Pflanzstelle versteht sich als ein mobiler, interkultureller und öffentlicher Gemeinschaftsgarten. Gelegen unter altem Baumbestand mit hoher Eiche und alten Eiben, erinnert der zentrale Versammlungsplatz der urbanen Gärtner ein wenig an ein Pfadfinderlager. Besonders an diesem Tag, denn der Verein hat zum alljährlichen Sommerfest eingeladen, und zahlreiche Besucher nutzen die Gelegenheit, sich in der ursprünglichen Umgebung einen schönen Nachmittag zu machen. Das Büffet ist reichlich gedeckt, Kinder huschen durchs Gehölz, Erwachsene trinken genüsslich ihren Tee oder frisch gepressten Apfelsaft oder sitzen auf einen Plausch zusammen inmitten der Oase.
Ein paar Meter abseits von den Schatten spendenden Bäumen stehen verschiedenartige Pflanzkisten und kleine Gewächshäuser der Marke Eigenbau. Bepflanzt mit allerlei Gemüse und Kräutern. Alles hebevoll gehegt und gepflegt von den rund 30 aktiven Gärtnerinnen und Gärtnern des Gemeinschaftsgartens. „Als öffentlicher Gemeinschaftsgarten sind wir offen für alle Bürger. Wir bieten hier kostenlose Lern- und Mitmachangebote für Familien, Kinder, Nachbarn und Interessierte an“ sagt Rosa Pollter vom Vorstand des Vereins Grenzenlos Gärtnern.
Sozialer Treffpunkt Gemeinschaftsgarten
Die studierte Geografin hat vor kurzem ihre Diplom-Arbeit abgeschlossen und darin herausgearbeitet, dass statistisch gesehen das urbane Gärtnern hinsichtlich des Gesundheitsbewusstseins und der mentalen Gesundheit durchaus Vorteile bringt.
„Unser kostenloses Angebot ist wichtig, denn es löst unter anderem auch Kommunikationsbarrieren. Der Begriff Gemeinschaftsgarten trifft hier wirklich zu. Es gibt einen regen Austausch unabhängig von Herkunft, Religion und Sprache. Das ist hier ein Begegnungsort zum gemeinsamen Lernen, Austausch und Gärtnern. Hier werden ökologisches Wissen vermittelt, Kochrezepte getauscht und vieles mehr“, ergänzt Pauline Riecke, ebenfalls im Vorstand der Pflanzstelle. Gerade in einem Stadtteil wie Kalk mit vielen sozialen Problemen sei ein solches Angebot wichtig und gut für die Bevölkerung.
Für Martina Reuter war gerade dieser soziale Ansatz der Pflanzstelle vor drei Jahren der Grund, von Lindenthal nach Kalk zu ziehen. „Hier wird Gemeinschaft gelebt. Es gibt ein Miteinander ohne soziale Grenzen und unabhängig vom persönlichen Hintergrund, der Bildung oder der Religion. Der gemeinsame Nenner ist der Mensch. Mein Leben ist dadurch bunter und reicher geworden“, so Reuter. Da passte es gut, dass auf Initiative der Kalker Bürgerin Monika Maria Clouthrund 30 syrische Flüchtlinge, die erst vor kurzem im Hotel Arena in der Vorsterstraße untergebracht wurden, mit aufs Sommerfest kamen und dort den Nachmittag verbrachten und erste Kontakte knüpfen konnten.
Bei all dem sozialen Engagement wundert es da schon ein wenig, dass der Verein keine öffentlichen Gelder von der Stadt bekommt. Neben 25 Euro Pacht pro Monat zahlt der Verein rund 700 Euro an Gebühren an die Stadt. Finanziert wird der urbane Garten über Spenden und projektbezogenen Fördermitteln. An fünf Tagen in der Woche hat die Pflanzstelle geöffnet. Gern würden die Betreiber den Zaun, der ihren Garten derzeit noch zur Neuerburgstraße hin begrenzt, los werden. Doch das ist vertraglich nicht möglich. Immerhin hat die Stadt in Aussicht gestellt, dass der Garten vorerst erhalten bleiben kann, dafür aber in die Mitte des Grundstückes verlagert werden soll, wenn der jetzige Standort in den für das Jahr 2019 geplanten neuen Grünzug einbezogen wird. Zuvor wird das alte Krankenhaus in der Kantstraße abgerissen und dort die Baustellenzufahrt eingerichtet.